Der nordwestliche Eckpavillon versammelte Spitzenstücke vor allem niederländischer Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts. Diese Gemälde, bis heute ein besonderer Sammlungsschwerpunkt des Städel Museums, sind vor allem der Kennerschaft Johann David Passavants zu verdanken, der von 1843 bis zu seinem Tod 1861 Inspektor (also Direktor) des Museums war.
Im Zentrum der Hauptwand des Raumes hing im unteren Register Jan van Eycks berühmte „Lucca-Madonna“. Die darüber mittig angeordneten drei großformatigen „Flémaller Tafeln“ wurden ebenso wie weitere in ihrer Nachbarschaft platzierte Gemälde (die „Medici-Madonna“, der „Johannesaltar“ oder das Fragment mit einem gekreuzigten Schächer) dem bedeutenden Brüssler Stadtmaler Rogier van der Weyden bzw. einem seiner Nachfolger zugeschrieben. Der angebliche Rogier-Nachfolger sollte nur wenige Jahre nach der Städel-Eröffnung am Schaumainkai als „Meister von Flémalle“ bzw. als Robert Campin und damit als ein unmittelbarer Zeitgenosse van der Weydens identifiziert werden. Die ihm zugeschriebenen Werke werden auch heute noch zu den bedeutendsten Gemälden ihrer Zeit gezählt.
Eine weitere wichtige Malerpersönlichkeit in diesem Raum war Hans Holbein d. J. Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sein Werk genauer definiert. Bis dahin hatten auch Arbeiten seines Vaters Hans Holbein d. Ä. wie die im zweiten Kabinett ausgestellten Passionsdarstellungen aus dem Frankfurter Dominikaneraltar als Werke des Sohnes gegolten. Das „Bildnis des Simon George of Cornwall“ war 1878 als Paradebeispiel der Porträtkunst des jüngeren Hans Holbein erkannt worden. Es war übrigens das erste Gemälde, das am 3. August 1878 um 6.00 Uhr morgens im Galerieneubau am Schaumainkai eintraf – und vermutlich zusammen mit den übrigen Werken in diesem Raum sogleich installiert wurde. Es bildete den Auftakt zum Rundgang durch die kleinen Kabinetträume an der Mainseite, in denen in mehr oder weniger chronologischer Abfolge holländische, flämische und deutsche Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts präsentiert wurde.