1878
Schaumainkai


„[…] sobald die Treppe bei dem Absatz in zwei Arme übergeht, [kommt] der festliche Charakter des säulengetragenen, reich in mannichfaltigen Marmorarten ausgeführten oberen Umgangs schön zum Ausdruck.“

Valentin 1879, S. 119

Im Erdgeschoss fanden die Besucher rechts von der Eingangshalle die Skulpturensammlung und links – wie heute noch – die Graphische Sammlung samt Bibliothek vor. Das gesamte Obergeschoss war der Gemäldegalerie vorbehalten. Um hierhin zu gelangen, durchschritt man das würdevolle Treppenhaus. Bauliche Veränderungen gegenüber Oskar Sommers Ursprungsplanung ließen den Eingangsbereich und den ersten Treppenaufgang allerdings zunächst düster und eng erscheinen.

Das Treppenhaus um 1920 und im 3-D-Modell

Rundgang
durch das Museum


Erdgeschoss

Der Grundriss des Erdgeschosses aus dem Verzeichnis von 1879

Bibliothek und Kupferstichkabinett

Eine Skizze von der Hand des zuständigen Inspektors Gerhard Malß gibt Aufschluss über die Einrichtung des Erdgeschosses. Demnach befand sich links von der Eingangstür die Pförtnerloge, rechts die Garderobe. In der großen Halle linker Hand waren zwischen den Stützen Schränke für Bücher und Kupferstiche aufgestellt. Ein Mittelgang blieb frei, durch den man in den großen und die beiden flankierenden kleinen Räume gelangen konnte. Hier waren „Beschauungstische“ und Pulte aufgestellt. Gaslampen an den Decken, vielleicht aber auch direkt an den Tischen, sorgten für Licht.

Skizze der Einrichtung des Erdgeschosses von der Hand des Inspektors Gerhard Malß

Skulpturensammlung

Über die Ausstellung der „Plastischen Sammlung“ 1878 wissen wir sehr wenig. In den drei hinteren Räumen waren die Gipsabgüsse vom Fries des Apollontempels von Bassae sowie vom Parthenonfries ausgestellt, sicher zusammen mit weiteren Abgüssen vom Parthenon. Sie wurden zusammen mit Abgüssen von Hauptwerken der italienischen Renaissance präsentiert. Im rechten, kleineren Raum sah man den „Moses“ von Michelangelos Grabmal für Julius II., im linken die „Paradiespforte“, die Lorenzo Ghiberti für das Florentiner Baptisterium geschaffen hatte, gemeinsam mit weiteren neuzeitlichen Bildwerken.

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Der Hauptsaal war durch Pfeiler- und Säulenreihen basilikaartig gegliedert. Hier scheinen hauptsächlich die Gipse nach antiker Skulptur ihren Platz gefunden zu haben. Die Struktur der Säulenhalle mit den angrenzenden kleineren Räumen bot nur zwei großzügige Blickachsen: Im nördlichen „Seitenschiff“ platzierte man daher die „Laokoon-Gruppe“ in einer zunächst befremdlich anmutenden Ecke. Von dort konnte man zugleich auf eines der wenigen Originale schauen; eine „Seitenkapelle“ neben dem Treppenhaus (heute: Garderobe) beherbergte den monumentalen „Altar mit der Schutzmantelmadonna“ von Giorgio Andreoli (Inv. Nr. St.P77, Liebieghaus Skulpturensammlung, Frankfurt am Main). Dieser war bereits 1835 vom Kunstinstitut erworben worden und hatte den Saal mit Philipp Veits Fresko „Die Einführung der Künste in Deutschland durch das Christentum“ geziert.
Der kunsthistorisch ambitionierte Frankfurter Gymnasiallehrer Veit Valentin kritisierte die Skulpturensammlung als schwächsten Teil des neuen Museums. Sie gebe keine vollständige Übersicht über die Entwicklung der Gattung („Von ägyptischen, assyrischen Werken keine Spur, von archaischen und archaistischen griechischen Werken nichts!“). Wichtige Einzelstücke fehlten, das schlimmste aber sei die Beleuchtung:


„Das Licht fällt in den Hauptsaal durch zwei Fensterreihen, eine nördliche und eine südliche. Es wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als den hübschen Eindruck des großen Saales zu opfern und eine oder zwei Wände zu spannen […].“

Valentin 1879, S. 122

Die Sammlung von Gipsabgüssen nach Antiken und – in deutlich geringerem Umfang – nach Skulpturen der Gotik und der Renaissance wurde ab 1817 systematisch aufgebaut. Die vorrangig in Paris und London bestellten Reproduktionen betrachtete man als der Sammlung der originalen Gemälde und Graphiken ebenbürtig. So nahm die Abgusssammlung nicht nur an der Neuen Mainzer Straße einen der Gemäldesammlung gleichrangigen Platz ein, sondern auch nach dem Umzug des Museums an seinen heutigen Standort am Schaumainkai.

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Erst 1907 wurden die Gipse vom damaligen Städel-Direktor Georg Swarzenski (1876–1957) entfernt, der in Übereinstimmung mit dem Zeitgeist in ihnen nur mehr „kunstwissenschaftliche Studienobjekte“ sah, die in ihrem Rang keinesfalls mit Originalwerken zu vergleichen waren. Die Gipsabgüsse wurden vorerst eingelagert und gelangten dann an die 1914 gegründete Frankfurter Universität, wo sie Teil der Lehrsammlung des Archäologischen Institutes wurden. Bis auf die in den ehemaligen Institutsräumen im ursprünglichen Hauptgebäude der Universität, dem Jügelhaus, fest vermauerten Abgüsse des Parthenonfrieses der Akropolis gingen die übrigen Abgüsse 1944 im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs unter.


Obergeschoss

Der Grundriss des Obergeschosses, mit Legende der Sammlungsstruktur

Kuppelraum

Aus dem mit verschiedenfarbigem Marmor geschmückten Treppenhaus kommend, erreichten die Besucher zunächst den achteckigen Kuppelraum. Er wird im positiven Sinn als „farblos“ beschrieben (Sommer 1879, S. 41) und war dem „Stifter dieser Anstalt“ Johann Friedrich Städel gewidmet.

Johann Nepomuk Zwergers Büste des Stifters im Kuppelraum, Foto vermutlich um 1920

Städels ein halbes Jahrhundert zuvor geschaffene Büste stand an der Stirnseite in einer Nische vor einem Ehrenbogen. Dieser war vermutlich in dunklem Nussbaumholz ausgeführt. In ähnlichem Stil darf man sich die Brüstung um die zentrale Öffnung im Fußboden vorstellen, die den Blick aus dem Vestibül im Erdgeschoss bis in die Kuppel gewährte. Sie hat vermutlich die achteckige Form des Raumes aufgenommen, bestand aus Nussbaumholz mit Bronzefüllungen, die „das Städel-Wappen, aus dem Ranken mit Füllhörnern sich entwickeln, in vierfacher Wiederholung“ darstellten (Sommer 1879, S. 41).

Zum Zeitpunkt der Eröffnung war der Kuppelraum „vorläufig mit Abgüssen berühmter Marmorwerke […] geschmückt“ (Valentin 1879, S. 119). Welche dies waren, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Vermutet werden darf, dass darunter acht der neun vorhandenen Porträtbüsten hauptsächlich römischer Kaiser gewesen sein könnten, die Zwergers Städel-Büste vortrefflich eingerahmt hätten.

Sehr bald wurde wahrscheinlich auch das Treppenhaus für die Aufstellung zeitgenössischer Bildnisse genutzt. Bereits 1879 zeigte man die Büsten von Philipp Veit, Johann David Passavant und Julius Schnorr von Carolsfeld, den Städelschul-Professoren Eduard Schmidt von der Launitz und Jacob Becker sowie von einigen wichtigen Stiftern wie Eduard Rüppell. Sie repräsentierten die jüngere Geschichte des Kunstinstituts und stimmten die Besucher auf die Würdigung des Stifters ein.

Gemäldegalerie

Vom Kuppelsaal aus gelangte man in die Hauptsäle. Rechts wurden die zeitgenössischen Gemälde des 19. Jahrhunderts und links ihre kunsthistorischen Vorbilder ausgestellt. Trotz dieser räumlichen Trennung kann man zwischen ihnen konzeptionelle Bezüge ausmachen.

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Die Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart ist umso bemerkenswerter, als das Hauptgeschoss von Sempers Dresdner Gemäldegalerie, die das große Vorbild für Sommers Frankfurter Museumsbau gewesen war, allein der alten Kunst gewidmet war. In Dresden standen sich die italienischen und die niederländischen Schulen gegenüber, während schwächere Bilder und die Werke des 19. Jahrhunderts im zweiten Obergeschoss gezeigt wurden. Demgegenüber ist die programmatische Verknüpfung zeitgenössischer und alter Kunst eine Besonderheit des Städelschen Kunstinstituts. Sie erwuchs aus der engen Verflechtung von Sammlung und Schule und erfüllte damit einen wesentlichen Auftrag, den Städel in seinem Testament seiner Stiftung erteilt hatte.


„Die Gemälde selbst sind von dem Inspektor, Herrn G. Malß, in musterhafter Weise placiert worden. Nicht nur ist die […] nothwendige historische Anordnung möglichst berücksichtigt, es ist auch das viel Schwerere erzielt, innerhalb dieses Rahmens die einzelnen Bilder so zu hängen, daß eines das andere möglichst wenig schädigt.“

Valentin 1879, S. 119f.
Blick in den Niederländersaal und in den Saal mit Lessings „ Johann-Hus“.

Die Oberlichtsäle zu beiden Seiten des Kuppelraums waren programmatisch aufeinander bezogen.

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Der quergelagerte hintere Oberlichtsaal im Osten wurde von Philipp Veits „Die Einführung der Künste in Deutschland durch das Christentum“ bestimmt. Einem italienischen Spezialisten war es gelungen, das Fresko von der Wand im aufgegebenen Museumsgebäude an der Neuen Mainzer Straße abzulösen, so dass es bereits im Sommer 1877 „auf den Schultern von zwei Dienstmännern nach Sachsenhausen gebracht“ werden konnte (Kaulen 1878). Das architektonische Pendant zu diesem „Veit-Saal“ bildete 1878 der Raum mit hauptsächlich italienischer Malerei, unter der ein großes Altarbild von Moretto da Brescia (Inv. Nr. 916) in der Blickachse hervorgehoben war.
Aber auch die beiden größten Oberlichtsäle waren miteinander verschränkt: Im Niederländersaal stachen Historiengemälde von Rembrandt und seiner Schule hervor. Sein Gegenstück nannte man nach Carl Friedrich Lessings Gemälde den „Hus-Saal“. Wie die niederländische von der italienischen Schule zu unterscheiden war, schufen Lessing und andere Vertreter der Düsseldorfer Malerschule einen Gegenentwurf zum nazarenischen Kunstideal und orientierten sich dabei auch an der Kunst des niederländischen „Goldenen Jahrhunderts“. Dass den Spitzenstücken der holländischen und flämischen Malerei der größte Altmeistersaal zugewiesen wurde, erklärte sich nicht nur aus ihrem zahlenmäßigen Übergewicht, das in der frühen Sammlungsgeschichte gründet. Auch aufgrund aktueller künstlerischer Entwicklungen war die Kunstgeschichte gerade im Begriff, insbesondere die holländische Genremalerei neu zu bewerten.


Erlebte
Kunstgeschichte

Die Verschränkung von Italia und Germania

An zwei Stellen wurde die strenge chronologische Einteilung der Flügel durchbrochen: Sämtliche Kabinette auf der dem Main zugewandten Nordseite des Gebäudes zeigten Gemälde des 16. bis 18. Jahrhunderts. In den beiden Nebengalerien auf der gegenüberliegenden Gartenseite wurden hingegen Kartons des 19. Jahrhunderts, darunter vor allem solche von Julius Schnorr von Carolsfeld und Philipp Veit, gezeigt. 50 Jahre nach ihrer Entstehung gehörten diese also bereits zum „Kanon“. Ihre museale Inszenierung vollzog die nazarenische Ambition, von den Vorzügen der italienischen Meister zu lernen, um eine neue deutsche Kunst zu schaffen, noch einmal nach: Die Kartons wurden zusammen mit Reproduktionen der Renaissancemeister Raffael und Tizian ausgestellt.

Die südwestliche Galerie mit Blick in den Eckpavillon, Rekonstruktion

Künstlerische Kontinuität

Nicht nur die Hauptsäle waren inhaltlich aufeinander bezogen, auch beim Rundgang durch die Nebenräume konnten die Besucher immer wieder Zusammenhänge entdecken. Der Blick aus der südwestlichen Galerie in den anschließenden Eckpavillon ist ein gutes Beispiel für das Erlebnis von Kontinuität. Obwohl die Nachstiche nach Raffaels Stanzen, Schnorr von Carolsfelds Kartons und Pompeo Batonis „Allegorie der Künste“ unterschiedliche Epochen repräsentierten, verbindet sie doch das gemeinsame Kunstideal: die figürliche Historienmalerei. Sie bestimmte auch noch 1878 das Leitbild der Kunstakademie – zu einer Zeit, als etwa die Maler des Impressionismus in Frankreich schon erste Erfolge feierten.

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Mit den Standbildern am Hauptportal hatte sich bereits am Außenbau die Verschiebung der künstlerischen Leitsterne gezeigt – von der Paarung Raffael und Dürer, die den nazarenischen Idealen entsprochen hatte, zu Dürer und Hans Holbein d. J. Sie standen für eine deutsche Nationalkunst, als deren Erbin sich auch die Städelsche Kunstschule betrachtete. Gleichzeitig war man weit davon entfernt, an eine Kunst ohne den Einfluss Raffaels zu denken, der stellvertretend für die Kunst der italienischen Renaissance stand. Insbesondere unter Inspektor Johann David Passavant war zwar die Sammlung früher niederländischer und deutscher Gemälde von Jan van Eyck bis Holbein ausgebaut worden. Diesen Schwerpunkt konnten die Besucher in den Räumen des nordwestlichen Gebäudeteils erleben. Neben dem italienischen Hauptsaal gelegen, ergänzte er diesen, aber ersetzte ihn nicht.


Quellen

Im sechsten Kabinett waren 1915 Gemälde von David Teniers d.J. und Claude Lorrain ausgestellt.

Architektur und Innenausstattung

Das von Oskar Sommer gebaute Gebäude gibt es noch: Als „Mainflügel“ des heutigen Städel Museums beherbergt es heute Graphische Sammlung, Bibliothek und Buchladen im Erdgeschoss sowie die Sammlung der Alten Meister im Obergeschoss. Die Kriegszerstörungen betrafen vor allem die Eckrisalite, welche nach 1945 vereinfacht wiederaufgebaut wurden. Im Zuge der Nachkriegssanierung wurde vor allem das Treppenhaus in einer modernen Formensprache überformt. Für die Rekonstruktion im 3-D-Modell konnten wir auf eine Serie von um 1920 entstandenen Fotografien, zeitgenössische Beschreibungen sowie Architektenpläne zurückgreifen.

Raumverteilung

Die inhaltliche Gewichtung der Oberlichtsäle scheint von vornherein festgestanden zu haben. Über die Zuordnung der Seitenkabinette und Eckpavillons mag man hingegen länger diskutiert haben.

Erste Planung der Raumverteilung im Obergeschoss
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Eine erste Planung des östlichen Oberlichtsaals offenbart, dass Inspektor Gerhard Malß zunächst erwog, Philipp Veits Fresko mit frühen deutschen und niederländischen Gemälden zu kombinieren. Dies erklärt, warum ein „Faustriss“ die altdeutschen Räume im Osten verortet und sie damit in auffällige Diskontinuität zu den übrigen Kabinetten gebracht hatte. Die endgültige Entscheidung, den altdeutschen (und altniederländischen) Schwerpunkt chronologisch richtig im nordwestlichen Eckpavillon beginnen zu lassen und damit die Abfolge der Kabinette von links nach rechts zu verschieben, zog weitere Konsequenzen nach sich. So wanderten die Italiener und Franzosen des 18. und 19. Jahrhunderts aus dem ursprünglich geplanten nordwestlichen in den südwestlichen Eckpavillon. Damit gab man zugleich die Überlegung auf, auf der nördlichen Mainseite ausschließlich historische, auf der Gartenseite zeitgenössische Werke zeigen zu wollen. Dies können wir nachvollziehen, weil der Grundriss im „Verzeichnis der öffentlich ausgestellten Kunst-Gegenstände des Städel’schen Kunst-Instituts“ von 1879 Raumbezeichnungen enthält.

Der Grundriss des Obergeschosses aus dem Verzeichnis von 1879

Hängung

Inspektor Gerhard Malß hat die Hängung der Gemäldegalerie mit Hilfe handgezeichneter Wandabwicklungen geplant. Während er den jeweiligen Raum notierte, vermerkte er allerdings nicht, welche Wände er jeweils meinte.

Der Hängeplan des großen westlichen Oberlichtsaals mit den niederländischen Gemälden
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Die Zuordnung musste daher mittels zusätzlicher Quellen wie dem Grundriss aus dem Verzeichnis von 1879 erfolgen. Eine Schwierigkeit stellte dabei die ungenau wiedergegebene Architektur dar. Malß scheint etwa die Kabinette seriell gezeichnet zu haben, ohne auf die Anordnung der Durchgänge und die verschiedenen Türgrößen zu achten. Wenn die erhaltenen Hängepläne den letztgültigen Planungsstand widerspiegeln, dann muss es noch zu Änderungen gekommen sein, als Malß die Installation zwischen dem 3. August und 7. Oktober 1878 beaufsichtigte.
An den Dokumenten kann man zwei bis drei Planungsphasen unterschieden. Sie wurden mit Bleistift, dann mit violetter und schließlich mit schwarzer, aber auch mit roter Tinte ausgeführt. Außerdem gibt es noch Streichungen und Überklebungen. Die einschneidendsten Konzeptionsänderungen betrafen vor allem die zeitgenössische Malerei. Doch wurde als Letztes auch die noch am 31. Juli 1878 dem Städel von Administrator Moritz Gontard geschenkte „Venus“ von Cranach d. Ä. eingetragen.

Der Abgleich mit dem ein Jahr nach der Eröffnung, vermutlich in der zweiten Jahreshälfte 1879 veröffentlichten „Verzeichnis der der öffentlich ausgestellten Kunst-Gegenstände des Städel’schen Kunst-Instituts“ bestätigte, dass die violett notierte Planung im Großen und Ganzen umgesetzt worden sein muss. Es führt wenige, teilweise erst nach der Eröffnung ans Haus gekommene Gemälde zusätzlich auf. Allerdings fehlen in ihm auch 21 Bilder, die die Hängepläne noch vorsehen. Darunter sind immerhin 15 Werke, die im Mai 1882 zum Verkauf gelangten. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Bilder entweder während der Hängung oder, weniger wahrscheinlich, kurz nach der Eröffnung aussortiert wurden. Mit Ausnahme der Kabinette 5 und 6 sowie des kleinen östlichen Oberlichtsaals betrafen die Änderungen alle Räume. Allerdings wurde in der Regel lediglich ein Bild entfernt, nur in den Kabinetten 7 und 9 wurden drei bzw. vier Gemälde zurückgestellt.

Da das Verzeichnis nach kunsthistorischen Gesichtspunkten und nicht mehr nach Hängeort geordnet wurde, konnte es leider nicht dabei helfen, die letzten Unklarheiten zu beseitigen. Wir haben uns deshalb entschieden, den jeweils letzten Planungsstand zu rekonstruieren. Wir sind uns dabei bewusst, dass nicht jede Einzelheit den tatsächlichen Zustand vom Oktober 1878 widerspiegelt. Das Gesamtbild sollte jedoch einen verlässlichen Eindruck vermitteln; Probleme sind auf den Unterseiten zu den jeweiligen Räumen benannt.

Rahmen

Die Gemälderahmen müssen wir uns wesentlich opulenter vorstellen, als wir sie rekonstruieren konnten. Im Zuge der Vorbereitungen für den Umzug an den Schaumainkai wurden nicht nur Gemälde restauriert, man hat möglicherweise auch Neurahmungen durchgeführt. Dies legt zumindest die Tatsache nahe, dass sich im Städel Museum einige Rahmen mit aufwendiger historistischer Formensprache erhalten haben. Die Abweichung hatte arbeits- und datenökonomische Gründe. Das Ziel war, im 3-D-Modell ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild zu schaffen. Die Bestände aus dem Rahmenlager des Städel Museums ließen sich teilweise tatsächlich zuordnen. Oft haben wir jedoch aus einem Fundus von 25 Fotos einen größenmäßig passenden Rahmen ausgewählt. Alle heute unbekannten bzw. nicht mehr vorhandenen Bilder wurden in einer Einheitsrahmung dargestellt.

Canalettos Gemälde „Ansicht des Bacino di San Marco in Venedig“ (Inv. Nr. 851) wird heute in einem Rahmen präsentiert, den es im späteren 19. Jahrhundert bekommen haben muss. Wurde der repräsentative Rahmen anlässlich der Neueröffnung 1878 angefertigt? Beim Ankauf 1835 besaß das Werk eine schlichtere Rahmung, die sich leicht beschädigt erhalten hat (Fotomontage).