1878 Südöstlicher Eckpavillon

1878
Grundriss des 1. Obergeschosses

Ostwand

Westwand

Nordwand


Raffael
und die Nazarener

Eine Raumansicht, zwei Türdarstellungen sowie insgesamt 13 Kuppelbilder und 26 Pilasterornamente aus Raffaels Loggien im Vatikan hatten bereits die zentralen Empfangsräume in der Neuen Mainzer Straße geschmückt. Nicht weniger programmatisch wurde die gleiche Serie für den Neubau am Schaumainkai eingesetzt: Man verknüpfte sie nun mit der Freskenkunst der Nazarener, jener deutschrömischen Künstlergruppe aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die ihr Kunstideal am Vorbild der italienischen Hochrenaissance ausrichtete. Mit Philipp Veit und Johann David Passavant hatten wichtige Protagonisten dieser Strömung das Städelsche Kunstinstitut geleitet.

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Die kolorierten Reproduktionsstiche nach Raffael zierten die zwei östlichen Eckpavillons und flankierten damit Philipp Veits „Die Einführung der Künste in Deutschland durch das Christentum“ in dem dazwischenliegenden kleineren Oberlichtsaal. Die Verschränkung der nicht nur dekorativ wirkenden, sondern vor allem auch als künstlerisch maßgebend angesehenen Motive Raffaels mit der nazarenischen Kunst ging jedoch noch weiter: Geplant war, sie mit Kartons – also den maßgleichen Vorlagen für Fresken – auszustellen. Den „Verkauf Josephs an die Ägypter“ im südlichen Pavillon hatte Friedrich Overbeck um 1818 für das Haus des preußischen Generalkonsuls Bartholdy in Rom, den Palazzo Zuccari (heute Bibliotheca Hertziana), entworfen. Der Karton entstammte dem Nachlass des langjährigen Städel-Administrators Philipp Jacob Passavant. Auf der gegenüberliegenden Wand konnte man einen imposanten Karton von Carl Heinrich Hermann bewundern. Der langjährige Mitarbeiter von Peter von Cornelius hatte diese Szene aus der bayerischen Geschichte 1828 für die Hofgartenarkaden der Münchner Residenz geschaffen. Beide Werke waren inzwischen klassisch gewordene Beispiele der neuen deutschen Historienmalerei.


Grundlagen
der Rekonstruktion

Auch für die Eckpavillons lassen sich zumindest drei Planungsphasen nachweisen. Der Zusatz „für Ausstellungen“ auf dem Plan des nordöstlichen Eckpavillons offenbart, dass hier wohl nicht an eine dauerhafte Präsentation gedacht wurde. Unsere Rekonstruktion visualisiert den letzten in den Hängeplänen dokumentierten Zustand.

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Gleichwohl kann man die Verteilung der Graphiken und Kartons in den Pavillons und den südlichen Galerien nicht vollständig mit dem Verzeichnis von 1879 in Deckung bringen. Tatsächlich scheinen im Jahr nach der Eröffnung im gesamten Haus mehr Werke ausgestellt gewesen zu sein, als die uns bekannten Hängepläne für das Obergeschoss vorsahen.

Im südöstlichen Pavillon stimmt die schematische Anlage der Türen und Wände auf dem Hängeplan nicht mit der tatsächlichen Architektur überein. Wir haben uns deshalb entschieden, die Verteilung der Grafiken auf den Wänden so zu verändern, dass die Abfolge der Serie in Leserichtung gewahrt bleibt.

Hängeplan für den südöstlichen Eckpavillon