Das sechste Kabinett schloss direkt an den großen Oberlichtsaal mit zeitgenössischer Malerei an. Es zeigte aber, wie alle folgenden Kabinette, noch Kunst vor 1800. Hier konnten die Betrachter auf besondere Weise das vergleichende Sehen üben und sich Lektionen in niederländischer Kunstgeschichte aneignen.
Die flämische Landschaft dominierte. Dabei wurden den Linz- und Antwerpen-Ansichten von Lucas van Valckenborch und den in farbintensive Landschaften eingebetteten Historien von Jan Brueghel und Roelant Savery Rheinlandschaften des Holländers Herman Saftleven zugeordnet. Dieser arbeitete im späteren 17. Jahrhundert und bediente sich einer anderen Bildsprache als die Flamen: Seine Lichtstimmungen vereinheitlichen die weiten Ausblicke und verleihen ihnen mal ein südliches, mal ein nördliches Gepräge.
Im Zentrum der Hauptwand links wurden die Vorgeschichte und die nachfolgende Entwicklung des derben Bauerngenres fassbar: von der „Bordellszene“ des unbekannten, heute als „Braunschweiger Monogrammist“ benannten Antwerpener Meisters um 1540 in der unteren Reihe über die als „Daniel Vinck-Boons“ geltende „Bauernkirmes“ aus der ersten Hälfte bis zu Stalbemts „Dorfkirchweih“ aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.
Die Anordnung der an der Eingangsseite des Raumes hängenden Porträts scheint willkürlich, ermöglichte dem Besucher aber ebenfalls, den Wandel der Bildnismalerei über mehr als ein Jahrhundert beispielhaft nachzuvollziehen.
Städel-Inspektor Gerhard Malß hat die Hängepläne für die Kabinette 3–6, in denen hauptsächlich niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts gezeigt werden sollten, mehrfach überarbeitet. Dabei änderte er die Nummerierung der Räume, allerdings so, dass sich die Wandtableaus nicht ohne weiteres von dem einen in den anderen Raum übersetzen lassen.
Die skizzierte Architektur weicht zusätzlich – wie auch sonst in den Hängeplänen – gelegentlich von den tatsächlich gebauten Räumen ab. Dies erschwert die Interpretation der Quellen dann zusätzlich.
Daher haben wir uns bei der hier vorgelegten Rekonstruktionen entschieden, die Umnummerierungen zu ignorieren. Für Kabinett 5 haben wir zudem die Gemäldegruppen auf den Seitenwänden gegeneinander getauscht, da nur so den tatsächlichen Größenverhältnissen von Wänden und Türen entsprochen werden konnte. Dieser punktuell freie Umgang bei den Visualisierungen ist insofern gerechtfertigt, als kaum inhaltliche Gründe für die Reihenfolge der Kabinette erkennbar sind. In der umgesetzten Fassung verlagert sich allerdings der Schwerpunkt. Von der innerhalb der Gattungshierarchie niedrig angesiedelten Landschaft kommt man über das Bauerngenre und das bürgerliche Figurenstück zum höher bewerteten Porträt und Historienstück. In den einzelnen Kabinetten konnten sich die Besucher in der vergleichenden Betrachtung die jeweiligen Themen erschließen, wobei die leitenden ästhetischen Prinzipien der Hängung die symmetrische Pendantbildung einerseits und die Abwechslung andererseits blieben.