Der erste große Oberlichtsaal im Westflügel des Museums war den Malern des niederländischen Barock vorbehalten. Unter ihnen wurde Rembrandt besonders geschätzt, dem man das auf der im Zentrum der Südwand platzierte Gemälde „Das Gleichnis der Arbeiter im Weinberg“ zuschrieb. Es war erst 1864 für eine stattliche Summe angekauft worden. Heute gilt dieses Bild allerdings nur noch als Arbeit aus dem Umkreis des Rembrandt-Schülers Ferdinand Bol.
Über dem vermeintlichen Rembrandt hing Aert de Gelders „Selbstbildnis als Zeuxis“. Auf der gegenüberliegenden Seite war mit Jan Victors’ „Boas übernimmt das Erbe Elimelechs“ ein weiterer Rembrandt-Schüler prominent vertreten. Da das Städel als genuin bürgerliches Museum nur kleinere Formate von Peter Paul Rubens besaß, schien dem flämischen Meister nur eine untergeordnete Rolle zuzukommen. Allerdings hatte man sich vor 1878 um neue Ankäufe bemüht. Den Besucher erwarteten nun drei Historienbilder, die Rubens damals zugeschrieben wurden, in enger Folge in der am besten sichtbaren unteren Gemäldereihe der Südwand. Gegenüber hatten Rubens’ „König David“ und das beliebte Kinderbild zentrale Positionen erhalten; die Zuweisung des zweiten Bildes an Cornelis de Vos (anstatt an Rubens) wurde allerdings bereits diskutiert. Die „Gesamtkomposition“ der Wände bestimmte ein symmetrischer Wechsel der untergeordneten Gattungen Landschaft und Porträt – unter denen die Bildnisse eines Ehepaars des in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in seiner malerischen Qualität neu entdeckten Frans Hals an der Stirnseite besonders hervorgehoben waren. Die Präsenz großformatiger Jagdszenen und Stillleben flämischer Meister verlieh dem Oberlichtsaal zudem ein fürstliches Gepräge.