Nach 1817 hatte das Städelsche Kunstinstitut systematisch begonnen, in Paris und London Gipsabgüsse antiker Skulpturen zu bestellen. Dass man für den Aufbau einer Antikensammlung selbstverständlich auf Reproduktionen zurückgriff, war auch andernorts üblich – etwa an fürstlichen Zeichenakademien. Es gehörte zu den Grundlagen in der Ausbildung angehender Künstler, dass sie sich im Zeichnen nach antiker Skulptur – vertreten durch die Gipse der Schausammlung – übten.
Den ersten Saal prägten die umlaufend angebrachten Platten vom Figurenfries des Athener Parthenon. Sie befanden sich spätestens 1819 im Besitz des Kunstinstituts und waren damit die ersten Abgüsse der „Elgin Marbles“ in Deutschland. Sie wurden an der Eingangswand von zwei liegenden Giebelfiguren und Pferdeköpfen aus den Tempelgiebeln ergänzt. Der „Torso Belvedere“, der „Antretende Diskuswerfer“ und die „Amazone Mattei“ rechts sowie die „Venus von Milo“ an der Stirnseite ordnete man zeitlich ebenfalls in das 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. ein. Letztere war in ein symmetrisch aufgebautes Ensemble eingereiht, das aus zwei Genrefiguren (der „Knöchelspielerin“ und dem „Dornauszieher“), zwei Aphroditen und zwei Eros-Figuren bestand.
Die Symmetrie, aber auch die übliche Inszenierung von Ganzkörperfiguren im Wechsel mit Büsten konkurrierten mit einem dritten Aufstellungsgrundsatz: Eine chronologische Anordnung hätte die stilistischen Entwicklungslinien insbesondere der griechischen Plastik nachvollziehbar gemacht. Ihr Fehlen entschuldigte man mit der „Maasgabe der Localität“, also den räumlichen Gegebenheiten in der Neuen Mainzer Straße (Vorläufige Mittheilungen 1833, S. 7).
Von den Antikensälen können wir historische Fotos aus dem Jahr 1875 zeigen. Die Aufstellung folgt dem bereits 1833 entwickelten Konzept und wurde nur stellenweise nachträglich verändert und ergänzt.
Zur Eröffnung des Hauses am 15. März 1833 war allerdings noch nicht alles umgesetzt, was geplant war. So sah der 1833 veröffentlichte Raumplan zwischen den großen Figuren bereits kleinere Sockel mit Büsten vor. Die Abgüsse hauptsächlich von römischen Kaiserporträts wurden allerdings erst später geliefert. Die erhaltenen Fotos dokumentieren daher einen Wunschzustand, den die ersten Besucher 1833 in dieser Vielfalt noch nicht genießen konnten.
Das anfänglich hochgehaltene Ideal einer chronologischen Aufstellung spiegelte sich in der Dekoration der Wände. Sie war im ersten Saal „mehr in strengen, einer früheren Periode angehörenden Formen“ gehalten (Vorläufige Mittheilungen 1833, S. 8). Philipp Veit hatte vier Bildfelder „nach Art der griechischen Vasengemälde“ entworfen.
Die Themen entnahm er einschlägigen griechischen Mythen, um die „kunstbildende und erfindende Kraft des Menschen zu vergegenwärtigen“. Über dem Eingang sah man Prometheus den Menschen formen, „andeutend den Beginn der Kunst“, wie ein Kritiker ergänzte (Kunst-Blatt 1834, S. 74). Gegenüber band der erste „Künstler“ Daidalos seinem Sohn Ikaros die Flügel um – der Rezensent im „Kunst-Blatt“ erkannte darin zugleich einen „wehmütige[n] Blick in die Kunstgeschichte, lehrend, wie ein allzuvermessener Aufflug sich in sich selbst rächt“. Über den Längswänden standen sich „männliches“ und „weibliches“ Kunstschaffen gegenüber: Ein Bildfeld stellte dar, wie Thetis den Schmiedegott Hephaistos um die Waffen für Achilles bat („Kunsthöhe“, urteilte der Kritiker des „Kunst-Blatts“), ein anderes zeigte den Besuch der Pallas Athene bei der webenden Penelope („in welcher Darstellung der Eintritt und die Verbreitung der bildenden Kunst in das Leben und die Gewerbsfertigkeit ausgesprochen“ sei).