Im nördlich gelegenen Raum zur Linken waren die Wandteile in mehrere nicht spiegelbildlich angeordnete, und damit voneinander unabhängige Divisionen unterteilt; dies betraf die westliche Südwand und die Westwand. Hier kombinierte Städel holländische Gemälde des 17. Jahrhunderts mit Werken der sogenannten „Holländer-Mode“ der Frankfurter Künstler des 18. Jahrhunderts. Zu zwei Drittel dominierten Landschaften und Genregemälde.
Fast die Hälfte der 90 hier gezeigten Werke (die im Vergleich zu den Arbeiten in den anderen Räumen deutlich kleinformatiger waren), stammten aus dem Holland des „Goldenen Zeitalters“. Hinzu kamen wenige, dafür aber großformatigere flämische Bilder. Einige deutsche Maler wie Johann Heinrich Roos, Trautmann und Schütz waren ebenfalls vertreten, aber nur wenige Italiener. Die Mitte des Tableaus auf der Eingangswand links schmückte eine Kopie der Trauben essenden Bettelknaben des spanischen Malers Bartolomé Esteban Murillo – ihre Präsenz unterstrich die Bedeutung der Genremalerei für diesen Raum (Inv. Nr. 125).
Mannigfaltigkeit kreierte Städel unter anderem durch die Kombination süd- und nordalpiner Maler, indem er zwei weibliche Porträts einander gegenüberstellte: eines galt als Werk des römischen Barockmalers Sassoferato, das andere als Bildnis der Katharina von Bora von Lucas Cranach (Inv. Nr. 204 und 205). Anhand der Kombination von christlichen Motiven mit Tierstücken wird auch deutlich, dass man im 18. Jahrhundert ganz unterschiedliche Sujets problemlos miteinander kombinieren konnte – so stand hier eine „Hirtenanbetung“ des Flamen Jacob Jordaens einem „Geflügelhof“ des Römers Mario Nuzzi gegenüber (Inv. Nr. 143 und 144). Schon 1750 wurde über die Präsentation der königlichen Sammlung im Pariser Palais du Luxembourg berichtet:
„Welche Wonne, fast gleichzeitig alle verschiedenen Arten von malerischer Schönheit anzuschauen! Die reizvollen Gegensätze zwischen dem Rohen und dem Vollendeten, dem Hochmütigen und dem Ausgefeilten, dem Dunklen und dem Strahlenden [...] nacheinander durchzuspielen. Wären Sie nicht ausgesprochen glücklich, Portraits neben poetischen oder historischen Kompositionen zu finden; Landschaften und Idyllen neben Heiligen Familien; Charaktere aus dem Alten oder Neuen Testament, die neben denen der Metamorphosen auftreten?“ (Lettre 1751, S. 6f., 15)
Der Beweggrund für die überraschenden Gegenüberstellung war also das Interesse an einer raffinierten Analyse der stilistischen Unterschiede zwischen den Künstlern und ihren Werken.
Wir gehen davon aus, dass Städel in diesem Raum in der südwestlichen Ecke einen Ofen herausgebrechen ließ, als er das Gebäude am Rossmarkt 1780 bis 1785 seinen eigenen Vorstellungen entsprechend umbaute und neu einrichtete. Nur so lässt sich eine merkwürdige Anomalie des Hängeplans erklären, der für dem nördlichen Abschnitt der Westwand des Raumes gleich drei unterschiedlich breite Divisionen vorsieht: Auf der etwas zurückspringenden Wandfläche fanden „Perseus und Andromeda“ von Gérard de Lairesse sowie zwei Landschaften von Jacques d‘ Arthois ihren Platz (Inv. Nr. 192–194), während neun kleinformatige Bilder auf dem schmalen Wandvorsprung hingen, der den Anschluss an die sonstige Flucht der Westwand herstellte.