1833
Neue Mainzer Strasse


„[…] in einem der schönsten Quartiere, nahe den öffentlichen Spaziergängen.“

Kunst-Blatt 1834, S. 73

Im März 1833 zog das Städelsche Kunstinstitut in die Neue Mainzer Straße um. Der neue Standort war nicht weit vom Rossmarkt und dem Stadtzentrum entfernt und lag dennoch fast im Grünen. Das Grundstück grenzte an den Anlagenring, der erst kurz zuvor über den niedergelegten mittelalterlichen Wallanlagen angelegt worden war.


Geschichte

Friedrich Overbeck, Der Triumph der Religion in den Künsten, 1829–40, Städel Museum, Frankfurt am Main
Ein erstes Stellenangebot der Städel-Administration hatte Overbeck 1818 nicht erreicht. Ein zweites lehnte dieser 1823 ab. Auch wenn der Nazarener das bereits 1829 bestellte Gemälde erst im Jahr 1840 lieferte, spiegelt es den Geist, in dem das Städel in der Neuen Mainzer Straße 1833 eingerichtet worden ist. Overbecks Werk war von vornherein als Abschluss und Kulminationspunkt der deutschen Gegenwartskunst eingeplant.

Das Städel als „Kunstuniversität“

Bis 1828 hatten die Aktivitäten des Kunstinstituts wegen eines langjährigen Erbstreits mit entfernten Verwandten des Stifters weitgehend geruht. Nun beendete ein kostspieliger Vergleich die gerichtlichen Auseinandersetzungen. Bald darauf wurde das nach seinem Vorbesitzer Vrints-von-Treuenfeld-Palais genannte Gebäude an der Neuen Mainzer Straße erworben. Nach einem Umbau sollte es Kunstsammlungen und Kunstschule unter seinem Dach vereinen. Dazu traf die Administration auch wichtige Personalentscheidungen und schuf so günstige Rahmenbedingungen, um die Ideale der Künstlergruppe der Nazarener umzusetzen: eine Künstlerausbildung neuen Typs.

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In den ersten Jahren nach Städels Tod hatte man versucht, sich mit dem Haus am Rossmarkt zu arrangieren. Um neu erworbene Bestände zu integrieren, wurde umgehängt und angebaut. 1822/23 änderte sich die Zusammensetzung der Administration: Indem der Bibliothekar und Frankfurter Stadtarchivar Johann Friedrich Böhmer (1795–1863) und der Tuchhändler und Kunstmäzen Philipp Jacob Passavant (1782–1856) hinzutraten, bekam „die gute Sache“ Oberhand. Böhmer meinte damit das Kunstideal der in Rom ansässigen Nazarener. Diese Künstlergruppe strebte nach einer Wiederbelebung der deutschen Kunst, die vom Vorbild der (katholischen) Kunst der italienischen Renaissance und namentlich von Raffael gespeist wurde. Das bereits in Städels Stifterbrief vorgegebene Ziel, dass das Kunstinstitut mit seiner Sammlung der Ausbildung junger Künstler (und Künstlerinnen!) zu dienen habe, schien perfekt zu passen.
Der Cousin des neuen Administrators Philipp Jacob Passavant, der Künstler und angehende Kunsthistoriker Johann David Passavant (1787–1861), erteilte bereits im Hintergrund Ratschläge. Es ging auf seine Idee zurück, 1829/30 Philipp Veit (1793–1877) und Friedrich Maximilian Hessemer (1800–1860) als Professoren für Malerei bzw. Architektur zu gewinnen. Während Veit zugleich Institutsdirektor wurde, betraute man Hessemer federführend mit dem Umbau des neu erworbenen Vrints-von-Treuenfeld-Palais an der Neuen Mainzer Straße.


Architektur

Die Fassade des ehemaligen Städelschen Kunstinstituts an der Neuen Mainzer Straße in einer Aufnahme aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts.

Umbau der Postmeister-Villa

Carl Vrints von Treuenfeld (1765–1852), Oberpostmeister des Postdienstes der von Thurn und Taxis, verkaufte sein Stadthaus 1829 an das Städelsche Kunstinstitut. Die klassizistische Villa an der Neuen Mainzer Straße 47–51 war zehn Jahre zuvor vom späteren Stadtbaumeister Johann Friedrich Christian Hess (1785–1845) errichtet worden. Die nun von Hess selbst und Friedrich Maximilian Hessemer vorgenommenen Umbauten betrafen sowohl die Fassade als auch die innere Struktur des Hauses.

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Die Fassade des Baus orientierte sich an Formen der italienischen Renaissance. Das Relief der Rustizierungen und Rundbogenarkaden blieb recht flach, so dass sich „die langen Wände ohne Fenster“ stark von dem in Frankfurt Üblichen unterschieden (Kunst-Blatt 1834, S. 73). Bereits von außen sah man, dass das Hauptgebäude in drei Teile gegliedert war. Der Eingang befand sich in der Mitte, und von hier aus konnte man die Ateliers der Professoren Zwerger und Hessemer erreichen, die sich vermutlich im rechten Teil des Erdgeschosses befanden. Weitere Schul- und Verwaltungsräume sowie der Saal für das Aktzeichnen befanden sich ebenfalls im Erdgeschoss. Hinter dem linken Gebäudetrakt war ein quergelagerter Riegel angebaut worden. Er beherbergte im hinteren Teil die Ateliers von Philipp Veit.

Das Gebäude 1855.

Über die Haupttreppe in der Mitte des Gebäudes gelangte der Besucher in das erste Obergeschoss. Hier waren die Sammlungsräume untergebracht. Mittig lagen die drei mit Fenstern versehenen „Empfangsräume“, über denen sich im zweiten Obergeschoss auch die Wohnung des Institutsinspektors befand. Zu beiden Seiten schlossen sich die großen Gemälde- und Antikensäle an, die als klassische Oberlichtsäle ihr Licht nur von oben erhielten. In dem zum Garten ausgerichteten südlichen Seitenflügel waren zunächst nur kleinere Zimmer mit bodentiefen Fenstern für Nord- bzw. Südlicht vorgesehen. Erst unter Johann David Passavant wurde ein weiterer Oberlichtsaal geschaffen, indem man die ersten beiden Zimmer im Seitenbau zu einem Raum verband.

Der Blick vom Anlagenring eröffnet die Sicht auf die Gartenseite von Hauptgebäude und südlichem Seitenflügel.

Öffnungszeiten

Das Kunstinstitut wurde am 15. März 1833, dem 18. Jahrestag der Errichtung des dritten und letzten Testaments des Stifters, feierlich eröffnet. Das Publikum konnte die Sammlungsräume ab dem 17. März, einem Sonntag, besichtigen. Dem „Verzeichniss der öffentlich ausgestellten Kunst-Gegenstände“ von 1844 zufolge war der Besuch an allen Wochentagen außer samstags von 10.30 bis 13.00 Uhr möglich – kostenlos. „Fremden, die sich hier nur auf der Durchreise befinden“, war der Eintritt auch am Samstag gestattet, dann aber wahrscheinlich nur gegen ein Entgelt (Verzeichnis 1844).
Die Bibliothek öffnete jeden Dienstag und Donnerstag von 10.00 bis 13.00 Uhr. An Winterabenden fanden Betrachtungen von Kupferstichen in kleinem Kreis statt. Wer bestimmte Handzeichnungen oder Druckgrafiken sehen wollte, konnte beim Inspektor einen Termin erbitten.